Schachliche und mentale Gründe für Zeitnot. Die genaue Ursachenforschung ist der Schlüssel zur Lösung der Zeitnotproblematik.

ZEITNOT

In Zeitnot sieht man selbst auf Großmeisterniveau immer wieder grobe Fehler. Die Uhr ist aber genauso Teil des Spiels wie die Figuren.

Was ist Zeitnot?

Wenn Sie nicht mehr viel Zeit haben bis zur nächsten Zeitkontrolle.

Eine genaue Definition gibt es nicht. Zeitnot ist etwas Subjektives und wird von jedem Spieler und jeder Spielerin anders empfunden. Zudem gibt es einen Unterschied zwischen formaler und tatsächlicher Zeitnot, denn es kommt auch sehr auf den Stellungstyp an, der sich gerade am Brett befindet.

Die nächsten Züge sind sonnenklar

Nehmen wir an, Sie müssen noch fünf Züge bis zur nächsten Zeitkontrolle machen und haben noch eine Minute Bedenkzeit auf der Uhr. Formal gesehen, ein klarer Fall von Zeitnot.

Weiß am Zug
Beispiel 1

Die nächsten Züge sind allerdings sehr naheliegend und deshalb leicht zu finden. Der König geht über f2-e3-d4 ins Zentrum.

Steht der König einmal im Zentrum, können Sie in aller Ruhe mit dem Läufer lavieren und sich nach der Zeitkontrolle überlegen, wie Sie einen Freibauern am Damenflügel bilden. Selbst wenn Sie keine Zeitgutschrift von 30 Sekunden pro Zug erhalten würden, wäre es für Sie wohl kein Problem, über die Zeitkontrolle zu kommen. Sie würden wahrscheinlich auch zehn oder mehr Züge leicht schaffen, wenn notwendig.

Ganz anders sieht es aus, wenn die Stellung kompliziert ist und Sie viel Bedenkzeit brauchen, um unter mehreren in Frage kommenden Züge die richtige motivtheoretische Idee zu finden und durchzurechnen.

Es gibt viele Möglichkeiten

Wir nehmen wieder an, Sie müssen noch 5 Züge bis zur nächsten Zeitkontrolle machen. Diesmal haben Sie aber noch sieben Minuten Bedenkzeit auf der Uhr und bekommen eine Zeitgutschrift von 30 Sekunden pro Zug. Formal gesehen, sind Sie nicht in Zeitnot.

  • Weiß am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Angriff.
    Beispiel 2

    Es gibt jede Menge Züge, die in Frage kommen. Das eher ruhige Sg3 nebst Lxb6 oder das aggressive g4 nebst Ld4, ebenso aber Sh6+ oder Sxg7 und noch einige mehr. Auf den Punkt gebracht, Sie haben die Qual der Wahl. Die Zeit läuft.

    Wie würden Sie fortsetzen?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Angriff.








    Idealerweise mit 1.Lc5 und der Drohung Se7+.

    Es könnte so weitergehen: 1. ... Lxc5. Grundreihenschach durch die Dame bringt nichts, weil der Le2 auf f1 vorstellen kann. 2.Dxc5 bxc5 (2. ... Txc5 würde nichts ändern.) 3.Se7+ Kh8 4.Txf8+ Sg8 5.Txg8 matt.

Um in Beispiel 2 die richtige Fortsetzung zu finden, ist motivtheoretisches Wissen unabdingbar. Es handelt sich um eine Aufgabenverteilung. Der Läufer auf b4 hat die Aufgabe, das Feld e7 zu decken, um die Drohung Se7+ abzuwehren. Wie kann der Läufer von der Realisierung seiner Aufgabe abgebracht werden? Zunächst durch das Dazwischenstellen einer Figur und später durch das Schlagen des Läufers.

Je nach Spielstärke und motivtheoretischen Kenntnissen kann es sein, dass Ihnen die Lösung mit ganz wenig Zeit gelungen ist, oder Sie aber der Meinung sind, dass Sie die richtige Fortsetzung ohnehin nie gefunden hätten, egal mit wieviel Zeit auf der Uhr.

Mein Ziel hier war allerdings nur, den Zusammenhang zwischen Stellungstyp und Zeitnot zu verdeutlichen. Weil ich gerne Spieler und Spielerinnen aller Spielstärken ansprechen möchte, ist der Schwierigkeitsgrad meiner Beispiele stark gestreut. Sie finden an anderer Stelle meiner Website einfachere, aber auch schwierigere Beispiele.

Fazit

Zeitnot ist ein relativer Begriff. Keine Zeit zu haben, um ausreichend lange nachdenken zu können, wird zum Teil subjektiv empfunden, hängt aber zugleich sehr mit den objektiven Gegebenheiten auf dem Brett zusammen. Je schwieriger eine Stellung zu spielen ist, desto unangenehmer wirkt sich mangelnde Bedenkzeit aus.

Wenn Sie für jeden gespielten Zug einen Zeitbonus von 30 Sekunden bekommen, sind Sie verpflichtet, alle Züge laufend mitschreiben. Auch das kostet Zeit und lenkt zusätzlich ab.

Haben Sie bis zur Zeitkontrolle weniger als 60 Sekunden pro Zug zur Verfügung, sollten in jedem Fall die Alarmglocken bei Ihnen läuten.

Ist Zeitnot wirklich so schlimm?

Ein eindeutiges, unmissverständliches, zweifelsfreies und glasklares JA.

Ein besonders ernstes Problem mit der Zeitnot besteht, wenn sie ständig auftritt. Selbst Spielern und Spielerinnen mit viel Zeitnot-Erfahrung passieren immer wieder haarsträubende Schnitzer, die in keinem Verhältnis zu ihrer Spielstärke stehen.

Nicht selten wird Zeitnot unterschätzt oder als harmlos betrachtet oder man hat das Gefühl, dass man dann besonders kreativ wäre. Schon eine ehrliche Statistik über die eigenen Ergebnisse in Zusammenhang mit der Zeitnotproblematik kann hier manchmal Wunder bewirken.

Essenziell ist deshalb vor allem, nicht in Zeitnot zu kommen

Vermeiden Sie Zeitnot. Achten Sie darauf, beginnende Zeitknappheit rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

Lösungsansätze zur Vermeidung von chronischer Zeitnot

Voraussetzung ist, dass Sie ständige Zeitnot als ernstes Problem erkennen und etwas dagegen tun wollen.

Entscheidend ist die Ursachenforschung

Das Wichtigste, zugleich aber auch das Schwierigste, ist herauszufinden, warum Sie in Zeitnot geraten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob das immer geschieht, häufig oder nur gelegentlich.

Dass eine einzelne Schachpartie einmal so voll komplizierter Entscheidungen sein kann, dass Sie in Zeitnot kommen, gilt nicht als chronische Zeitnot und muss Sie nicht beunruhigen.

Eine Zeitmitschrift kann Ihnen helfen, herauszufinden, bei welchen Zügen Sie wie viel Zeit verbraucht haben. Um diese Zeitfresser genauer zu identifizieren, kann es notwendig sein, dass Sie die noch verbliebene Bedenkzeit nach jedem Zug am Partieformular notieren. Manchmal kann es aber durchaus ausreichen, sich nur dann Notizen zu machen, wenn Sie über einen Zug besonders lange nachgedacht haben. Das hängt zum Teil davon ab, ob Sie für fast jeden Zug zu viel Zeit verbrauchen oder nur selten für ganz wenige einzelne Züge.

Warum kommt man ständig in Zeitnot? Ursachenforschung ist angesagt.

Die Gründe für Ihre Zeitnot können schachlicher oder mentaler Natur sein.

Schachliche Gründe für Zeitnot

Verbrauchen Sie in der Eröffnung zu viel Zeit, könnten mangelnde Eröffnungskenntnisse oder ungenügende theoretische Vorbereitung der Grund sein.

Fehlende Spielpraxis kann ebenfalls zu Zeitnot führen. Spielen Sie selten, kann es tatsächlich sein, dass Ihnen die Geläufigkeit ein wenig abhanden gekommen ist. Wenn Sie dadurch zusätzlich das Gefühl haben, spielerisch nicht ganz auf der Höhe zu sein und deshalb für Entscheidungen ewig lange brauchen, kommen wir in den mentalen Bereich.

Ein weiterer Grund für Zeitnot könnte das ungenügende Ausnutzen der gegnerischen Bedenkzeit sein.

Haben Sie eine Vorliebe für komplizierte Stellungen und kommen dadurch immer nur Sie in Zeitnot, gibt es ebenfalls Handlungsbedarf.

Nicht selten spielt auch unsystematisches Rechnen eine Rolle, wenn man in der Analyse ständig von einer Variante zu einer anderen springt und wieder zurück. Hier gilt es, den Denkprozess zu ordnen.

Ebenso können geringe motivtheoretische Kenntnisse der Grund für lange Planfindung und Kombinationssuche sein.

Motivtheorie ist in Zeitnot besonders wichtig

Wenn Sie wenig Zeit haben, können Sie nicht lange nach Motiven suchen. Je rascher Sie Entscheidungen treffen müssen, desto wichtiger sind motivtheoretische Vorbilder. Stellen Sie sich vor, Sie sind in Zeitnot und haben folgende Stellung am Brett.

  • Weiß am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Blockade brechen.
    Beispiel 3

    Der Freibauer scheint gut blockiert zu sein. Zudem hat der weiße König noch kein Luftloch.

    Wie kann Weiß diese Blockade brechen?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Blockade brechen.








    Mit 1.Dxg7+.

    Das vorübergehende Damenopfer ermöglicht die Umwandlung des Bauern. Nach 1. ... Kxg7 2.e8S+ Kf8 3.Sxc7 behält Weiß eine Mehrfigur.

Motive mit wenig Zeit auf der Uhr rasch erkennen

Erstes Motiv: Die Umwandlung eines Freibauern gehört zu den wichtigsten Zielen im Endspiel.

Zweites Motiv: Beseitigung jener Figur, die verhindert, dass der Bauer einzieht.

Drittes Motiv: Die Springergabel. Der Bauer darf sich in jede beliebige Figur der eigenen Farbe umwandeln. Die Umwandlung in eine Dame hingegen scheitert an der schwachen weißen Grundreihe.

Mentale Gründe für Zeitnot

Ein oftmals vorkommender Grund ist der Zweifel an der eigenen Urteilsfähigkeit. Das kann dazu führen, dass Sie dieselben Varianten immer und immer wieder rechnen und überprüfen.

Das muss nicht nur taktische, sondern kann ebenso strategische Entscheidungen betreffen. Das berühmteste Beispiel ist wohl, wenn ewig lang über Tad1 oder Tfd1 nachgedacht wird. Die zu große Liebe für nicht so wichtige Details, die Schwierigkeit, sich zwischen Alternativen entscheiden zu können, aber auch Perfektionismus können hier eine Rolle spielen. Wenn Sie für einzelne Züge in langes, tiefes Nachdenken versinken, denken Sie daran, dass am Ende dieses exzessiven Bedenkzeitverbrauchs oft nicht der beste Zug folgt.

Versuchen Sie abzuschätzen, ob das Problem das Sie lösen wollen, die Zeit, die Sie dafür brauchen, tatsächlich wert ist.

Weitere Gründe, mit der vorgegebenen Bedenkzeit nicht auszukommen, können das Verschwenden von Zeit für forcierte Züge, aber auch Ablenkbarkeit und das Versinken in Tagträumerei sein. In seltenen Fällen kann sogar die Angst vor der Zeitnot selbst zu Zeitnot führen.

Vermeiden Sie es, verpassten Gelegenheiten während der Partie nachzutrauern.

Zu großer Respekt vor Ihrem Gegenüber kann ebenfalls dazu führen, dass Sie sich nicht entschließen können, einen Zug zu machen. Denken Sie daran, dass es kaum eine Sportart gibt, bei der die schwächere Seite so viele Chancen hat wie beim Schach.

Die zusätzliche Anspannung bei wichtigen Partien kann Sie dazu bringen, bei jedem Zug mehr Sorgfalt, aber eben auch mehr Zeit aufzuwenden. Unter Druck zu spielen, ist ein besonderes Kapitel und betrifft nicht nur die Zeitnot.

Andere Gründe

Kommen Sie immer pünktlich zu Ihren Partien?

Sitzen Sie immer am Brett oder sind Sie viel unterwegs? Anstellen für ein Getränk, Warten bis die Toilette frei wird, einige Runden durch den Saal, um sich andere Partien anzusehen. Hier kann einiges zusammenkommen.

Lassen Sie sich leicht ablenken, beispielsweise durch einen Streit am Nebenbrett?

Absichtliche Zeitnot

Ja, sogar das gibt es. Manchmal kann es Sinn machen, sich absichtlich in Zeitnot fallen zu lassen, beispielsweise um sein Gegenüber in einer Remisstellung zu unvorsichtigem Handeln zu verleiten. Das ist natürlich mit erheblichem Risiko verbunden und kann leicht schief gehen, ist aber eine Methode, um das Spiel aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Sprichwörtliche Schlauheit oder zu viel Risiko? Sich als besondere List absichtlich in Zeitnot zu bringen, ist jedenfalls der Aufbau einer psychologischen Falle.

Auch wenn Sie extrem schlecht stehen, kann Zeitnot die letzte Rettung sein. Hier besteht für Sie die Möglichkeit, Ihr Gegenüber zu einem Blitzduell zu verleiten. Und zu verlieren haben Sie ja nicht mehr viel.

Beidseitige Zeitnot

Es macht einen großen Unterschied, ob nur Sie in Zeitnot sind, oder auch Ihr Gegenüber.

Einseitige Zeitnot ist offensichtlich ungünstig. Bei beidseitig knapper Bedenkzeit haben allerdings beide Seiten den gleichen Nachteil. Deshalb stellt sich hier die Frage, wie gut Sie mit Zeitnot umgehen können. Haben Sie viel Erfahrung bei diesem Thema, kann das sogar ein Vorteil für Sie sein.

Zeitnotschlachten führen jedenfalls häufiger zu zufälligen Ergebnissen. Spielen Sie gegen jemand Stärkeren, kann das für Sie mit Chancen verbunden sein.

Ein großer Vorteil ist dabei, wenn Sie durch regelmäßiges Training schnell erfassen, worauf es ankommt.

Unterschiede rasch sehen

In den allermeisten Fällen wird der Bauer in die stärkste Figur, die Dame umgewandelt. Es gibt aber Ausnahmen, bei denen die Umwandlung in die Dame Nachteile hat.

  • Weiß / Schwarz am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Umwandlung.
    Beispiele 4 bis 7

    Vier Stellungen zum Thema Umwandlung. Die restlichen drei anderen Viertel des Brettes sind jeweils leer.

    In der oberen Bretthälfte ist Weiß am Zug, in der unteren Bretthälfte Schwarz.

    In allen Beispielen zieht der Bauer im nächsten Zug ein. In welche Figur soll er umgewandelt werden?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Umwandlung.








    Links oben:
    In eine Dame: 1.a7-a8D matt.
    Rechts oben:
    In einen Turm : 1.f7-f8T mit Gewinn.
    Links unten:
    In einen Läufer: 1. ... c2-c1L 2.Lf5 Sd2 3.Lc2 Lb2 matt.
    Rechts unten:
    In einen Springer: 1. ... f2-f1S 2.Kd4 Kf3 3.Ke5 Kg2 4.Ke4 Kxh1 mit Gewinn.

Warum ist das so? Zwei Themen haben bei der Umwandlung des Bauern in eine andere Figur als die Dame große praktische Bedeutung. Erstens die Vermeidung von Patt und zweitens die Umwandlung in einen Springer wegen der Möglichkeit einer Gabel.

Links oben setzt die Dame matt.

Rechts oben würde die Umwandlung in eine Dame patt setzen und jede andere Figur nicht gewinnen.

Links unten würden Dame oder Turm patt setzen und ein Springer nicht gewinnen. Mit Hilfe der ungleichfarbigen Läufer wird der König in der Ecke mattgesetzt.

Rechts unten drohte 1. ... Sxf2 und die Umwandlung in eine andere Figur als einen Springer würde die Gabel Sg3+ und Sxf1 erlauben. Mit zwei Springern kann man nicht matt setzen, mit drei Springern gegen einen Springer hingegen schon. Hier ist es aber noch leichter, weil auch der Sh1 verloren geht.

Spiel gegen Zeitnot

Selbstverständlich können Sie nicht nur trainieren, worauf Sie achten sollten, wenn Sie selbst in Zeitnot kommen, sondern auch wie Sie mit gegnerischer Zeitnot am besten umgehen. Dabei gibt es verschiedene Punkte, die wichtig sind.

Gegnerische Zeitnot

Nehmen wir an, Sie haben Weiß und Ihr Gegenüber hat nur mehr wenig Bedenkzeit. Objektiv gesehen ist die Stellung etwa ausgeglichen.

Weiß am Zug
Beispiel 8

Sie überlegen nun, ob Sie 1.Se4 oder 1.Sf3 oder 1.Lc4 spielen sollen und entscheiden sich für 1.Lc4. Ihr Gegenüber muss mit allen drei Zügen rechnen und denkt vielleicht auch über 1.Sh3 nach.

Und nun ganz wichtig

Rechnen Sie die Variante mit 1.Lxc4 so genau wie möglich durch, bevor Sie ziehen. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit. Was Sie rechnen, sollte ganz sicher stimmen.

Wenn Sie nun ziehen, läuft die gegnerische Uhr. Kommt ein Zug mit dem Sie gerechnet haben, beispielsweise das naheliegende 1. ... hxg5, sind Sie nun in der Lage a tempo mit 2.Dh5+ zu antworten. 2. ... Kg8 ist klar und Sie antworten wieder a tempo mit 3.Lxg5. Nun läuft wieder die gegnerische Uhr. Kommt ein Zug, mit dem Sie nicht gerechnet haben, vertiefen Sie sich erneut in die Stellung.

Auf diese Art und Weise können Sie in Zeitnot enormen Druck aufbauen. Das geschickte Ausnutzen gegnerischer Zeitnot ist ein wichtiges Thema im praktischen Training.

Schwierige Verteidigung

Durch das A-Tempo-Spiel konnten Sie die gegnerische Bedenkzeit nutzen und Ihre gerechneten Varianten überprüfen und weiter vertiefen.

  • Schwarz am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Verteidigung.
    Beispiel 9

    Für die geopferte Figur hat Weiß deutlichen Entwicklungsvorsprung und dadurch Initiative mit Königsangriff. Unmittelbar droht Lxd8.

    Wie soll Schwarz sich nun verteidigen?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Verteidigung.








    Mit 1. ... Le7.

    Das naheliegende 1. ... f6 verliert nach 2.Txe6 sofort. Ebenso nicht spielbar ist 1. ... Dd7 oder 1. ... De8 wegen 2.Lf6 gxf6 3.Dg4+ Kh8 4.Te3 mit der Drohung Th3 matt.

Je tiefer und genauer Sie gerechnet haben, desto länger sind Sie in der Lage, a tempo oder zumindest sehr rasch zu antworten. Dadurch verhindern Sie, dass Ihr Gegenüber auf Ihre Bedenkzeit nachdenken kann. Im Idealfall sind Sie in der Lage, auf 1. ... Le7 mit 2.Ld3 sofort wieder eine Drohung aufzustellen.

Die Verteidigung wird nicht leichter

Objektiv gesehen ist die Stellung nach wie vor ausgeglichen, aber Schwarz steht weiter stark unter Druck.

  • Schwarz am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Drohungen abwehren.
    Beispiel 10

    Am Materialverhältnis hat sich nichts geändert. Weiß hat nach wie vor eine Figur weniger, dafür aber gefährlichen Angriff.

    Wie soll Schwarz die Mattdrohung abwehren?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Drohungen abwehren.








    Mit 1. ... f5.

    Rasch verliert das naheliegende 1. ... g6 wegen 2.Lxg6 fxg6 3.Dxg6+ Kh8 4.Te5 (Droht Lf6+ und Th5 matt) 4. ... Tf5 5.Txf5 exf5 6.Te1 Sc6 7.Txe7 mit der Drohung Lf6 matt.

Auf 1. ... f5 können Sie nun 2.Lxe7 Dxe7 3.Lxf5 spielen. Die Stellung ist ziemlich ausgeglichen, aber auch weiterhin recht kompliziert.

Die in unserem Fall einzigen Verteidigungszüge sind bei druckvollem Zeitnotspiel nicht leicht zu finden. Entscheidend ist aber, dass Sie sich selbst nirgends verrechnen. Das A-Tempo-Spiel gegen Zeitnot ist ein sehr mächtiges Werkzeug, das Sie aber nur verwenden sollten, wenn Sie sicher sind, im Voraus alles genau und richtig vorausberechnet zu haben.

Motivtheoretisches Wissen hilft ganz besonders mit wenig Zeit

Je besser Sie motivtheoretische Ansätze kennen, desto leichter können Sie Stellungsprobleme in Zeitnot lösen. Motivtheorie hilft Ihnen aber auch, um Ihrem in Zeitnot befindlichem Gegenüber ordentlich Schwierigkeiten zu bereiten.

Ohne Hinweis in der Überschrift

Praxisnahes Training bedeutet, dass Sie nicht wissen, was Sie erwartet. Ausnahmen sind sinnvoll, wenn es darum geht, ganz bestimmte motivtheoretische Themen zu trainieren.

  • Weiß am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv stiller Zug.
    Beispiel 11

    Der schwarze König nimmt hier sehr aktiv am Spielgeschehen teil, zudem hat der Nachziehende eine Mehrfigur.

    Hat der König sich zu weit vorgewagt oder kann Schwarz mit dem Materialvorteil die Partie gewinnen?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv stiller Zug.








    Der König hat sich zu weit vorgewagt.

    Nach 1.Td6 ist er in einem Mattnetz gefangen, weil sowohl 2.Sxa6 matt als auch 2.Tc6 matt droht. Auf 1. ... Se5 setzt 2.Lxe5 fxe5 3.Tc6 matt.

Der König ist im Endspiel an sich eine starke Figur. Von seinen Bewegungsmöglichkeiten her ist er etwas weniger wert als ein Turm und etwas mehr als eine Leichtfigur. In den allermeisten Fällen ist ein aktiver König also ein Vorteil. Allerdings darf er nicht unvorsichtig sein, denn manchmal kann er auch mit nur mehr wenigen Figuren auf dem Brett mattgesetzt werden. Das Erkennen solcher überraschender Motive ist ein wichtiger Teil des Taktiktrainings und hilft bei knapper Bedenkzeit ungemein, denn in Zeitnot werden manchmal sogar die einfachsten Mattwendungen übersehen.

Der motivtheoretisch schwierigste Teil ist, zu erkennen, dass das Schlagen des Turmes mit 1. ... Sxd6 an 2.Le3 matt scheitert. Auf alle anderen ersten Züge hingegen stünde Schwarz mit seiner Mehrfigur auf Gewinn.

Mit dem Hinweis Mattangriff

Mit Mattmotive zu kennen, hilft in Zeitnot. Mit wenig Zeit kann auch das ein-, zwei- und dreizügige Mattsetzen zur unüberwindlichen Hürde werden.

  • Weiß am Zug
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Opfer.
    Beispiel 12

    Mit seinem letzten Zug e3-e2 droht Schwarz, sich eine zweite Dame zu holen.

    Was soll Weiß spielen?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Zeitnot - Motiv Opfer.








    1.Txa7+.

    Nach 1. ... Dxa7 2.Ta5 setzt Weiß im nächsten Zug matt, so auch nach 2. ... Tb7 3.Dxb7#.

Hinweise erleichtern das Lösen von Stellungsproblemen ganz erheblich. Die letzten beiden Beispiele sind schwierig zu lösen, wenn man die gewinnbringenden Motive vorher noch nie gesehen hat. Je kontraintuitiver die Züge für eine Mattkombination in der Praxis sind, desto komplizierter ist es, sie zu finden. In Diagramm 11 zieht der Turm auf ein von einem Springer gedecktes Feld und in Diagramm 12 opfert sich der Turm mit einem anschließend stillen Zug.

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