Die Entwicklung von Plänen.
Strategisches Spiel ist die Grundlage jeder Schachpartie und betrifft die mittel- und langfristige Planung Ihres Spiels.
Während Sie durch planvolles Vorgehen Druck auf die gegnerische Stellung erzeugen können, dürfen Sie bei planlosem Spiel nur auf einen taktischen Lucky-Punch hoffen.
Wenn Sie einen strategischen Plan schmieden, achten Sie darauf, dass dieser sich auch taktisch verwirklichen lässt.
Strategische Motive können Sie ebenso erlernen wie taktische.
Ein Unterschied besteht darin, dass Lösungen von strategischen Beispielen nicht zu sofortigem Gewinn führen und deshalb im Verhältnis Trainingszeit pro Beispiel aufwendiger sind.
Versuchen Sie, vor allem jene strategische Motive zu studieren, die in Ihren Partien eine große praktische Relevanz haben.
Hand in Hand mit der Entwicklung strategischer Pläne geht die richtige Einschätzung der Lage auf dem Brett.
Für die Stellungsbeurteilung gibt es eine Reihe allgemein anerkannter Kriterien, an denen Sie sich orientieren können.
Dazu gehören etwa die Materialverteilung, im besonderen die Raum-Zeit-Material-Waage, die Sicherheit der Königsstellung, die Bauernstruktur, die Figurenentwicklung, offene Linien usw.
Strategische Pläne sind in der Regel eng verbunden mit der vorhandenen Bauernstruktur.
Da Bauern nur vor-, nicht aber zurückziehen können, sind Veränderungen in der Bauernstruktur meist langfristiger Natur.
Besondere Bedeutung kommt Bauernschwächen zu. Dazu gehören etwa der Doppelbauer, der rückständige Bauer oder der isolierte Bauer.
Das Spannende ist, dass diese Bauernschwächen nicht zwingend ein Nachteil sein müssen, wenn es gelingt ihre Vorzüge herauszuarbeiten. Ein Doppelbauer beispielsweise kann auch wichtige Einbruchsfelder decken.
Als exemplarisches Beispiel für schwache Bauern wird oft der isolierte Bauer angeführt, weil er durch keinen Nachbarbauern mehr gedeckt werden kann.
So ein Einzelbauer kann allerdings für einige Dynamik am Brett sorgen, etwa durch die ständige Drohung seines Vorrückens.
Manchmal bietet er eigenen Figuren auch wertvolle Stützpunkte und kann so etwa beim Königsangriff eine wichtige Rolle spielen.
Im historischen Kontext hat sich die Betrachtung strategischer Schwächen etwas verändert.
Durch computergestützte Analysen weiß man heute, dass aktives Spiel das Ausnutzen solcher Schwächen stark erschweren oder gar unmöglich machen kann.
Ältere Beispiele in der Schachliteratur berücksichtigen diese dynamischen Komponenten strategischer Faktoren manchmal zu wenig.
Ein wichtiges strategisches Ziel ist es, schlecht stehende Leichtfiguren abzutauschen und umgekehrt gut stehende oder für die Verwirklichung eines Plans wichtige Leichtfiguren zu behalten.
Aufgrund des geschlossenen Zentrums und der geringen Anzahl von Figuren am Damenflügel wollen beide Seiten am Königsflügel spielen.
Schwarz droht dort, mit Dg6 die Initiative zu übernehmen, weil die weiße Dame keine guten Rückzugsfelder hat und der Abtausch die schwarze Bauernstruktur verbessern würde.
Wie soll Weiß fortsetzen?
Mit 1.Lh3
Nach 1. ... Lxh3 2.Dxh3+ Kc7 3.Sh4 ist es dem Anziehenden gelungen, die Kontrolle über die weißen Felder und besonders über den schwachen Punkt f5 zu übernehmen.
Der Abtausch des schlecht stehenden Lg2 gegen den gut stehenden Le6 ist ein typisches strategisches Manöver, um dem Springer das Feld f5 zu sichern.
Ein weiteres typisches Beispiel für strategische Motivtheorie im gerade begonnenen Mittelspiel.
Das folgende Diagramm ist ein Musterbeispiel für strategische Motivtheorie.
Das Studium solcher Stellungen erleichtert die Stellungsbeurteilung und Planfindung in der Praxis enorm.
Weiß übt starken Druck auf die schwachen Bauern d4 und c7 aus. Im eigenen Lager gibt es die Felderschwäche auf c3, die Schwarz später einmal für seinen Springer nutzen könnte.
Wie soll Weiß den Angriff auf seinen Turm beantworten?
Mit dem positionellen Qualitätsopfer 1.Sxd4.
Nach 1. ... Lxc6 2.Sxc6 Tce8 3.Tc1 hat Weiß angesichts des starken Springers auf c6, des hängenden Bauern auf a7 und der taktischen Drohung Sd2 gute Gewinnchancen. 1.Tc2 c5 ergibt keinen Vorteil.
Erste Voraussetzung, überhaupt so fortzusetzen, ist die Kenntnis dieses strategischen Motivs, sodass der Turm nicht automatisch weggezogen wird, wenn ihn eine Leichtfigur angreift.
Dabei stellt sich die Frage nach der Kompensation für die Qualität.
Die grobe Regel: "Ein Bauer für die Qualität ist ein bisschen zu wenig, zwei Bauern sind ein bisschen zu viel." trifft es hier ganz gut.
Mit Springer und nur einem Bauern gegen den Turm braucht Weiß zusätzliche Kompensation. Das ist auch vollkommen zutreffend in diesem Fall. Der starke Sc6, die taktische Drohung Sd2 und der hängende Bauer auf a7 verbürgen mehr als ausreichendes Gegenspiel.